Messgerätehersteller Endress+Hauser schreibt sich auf die Fahnen, bestehende Kunden als starker Partner in die Zukunft zu begleiten und neue Märkte mitzuprägen. „Somit ist Innovation für uns ein zentraler Wachstumstreiber“, stellt Hans-Jürgen Huber, Managing Director Industrial Internet of Things bei Endress+Hauser Digital Solutions fest. „Wir setzen dabei auf einen Mix aus Kontinuität und Diskontinuität. Zu 80 Prozent investieren wir in die Optimierung unseres Portfolios, zu 20 Prozent in völlig neue Technologien und Geschäftsmodelle.“ Das Resultat: 20 neue Produkte und 1.100 neue Geräteoptionen allein in 2023. Wohin die Reise geht und was hinter Netilion und Friz steckt.
Blick in die Details: Zum Beispiel Friz
Das Freiburger Innovationszentrum Friz wurde 2022 nach zwei Jahren Bauzeit fertiggestellt. Es befindet sich auf dem Gelände der Technischen Fakultät der Universität Freiburg und bietet insgesamt mehr als 12.000 Quadratmeter Platz. Endress+Hauser nutzt mit seinem Innovations-Cluster dort 3.400 Quadratmeter Büroflächen, chemische und biologische Labors sowie Reinräume. Im Friz bündelt das Unternehmen sechs Einheiten, die ein weites Spektrum an Technologien und Disziplinen abbilden und seit 2022 bereits 35 Erfindungen zum Patent angemeldet haben.
Endress+Hauser Level+Pressure hat gemeinsam mit Endress+Hauser Digital Solutions beispielsweise ein neues Hochwasserwarnsystem entwickelt, das in Lenzkirch und Grenzach-Wyhlen Einsatz findet. Wasserstandssensoren erfassen dabei kontinuierlich Daten zum aktuellen Pegel der überwachten Gewässer und melden die Überschreitung von vordefinierten Grenzwerten, sodass frühzeitig vor Hochwasser gewarnt werden kann. Ein weiteres Team forscht an der Sensor- und Messtechnik der Zukunft, die unter anderem dazu in der Lage sein soll, den menschlichen Geruchs- oder Geschmackssinn zu ersetzen, beispielsweise zur Qualitätskontrolle in der Lebensmittelindustrie.
Jobst Technologies, ein Teil der Schweizer Tochterfirma Innovative Sensor Technology IST, widmet sich im Friz der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Biosensoren. Schnelle molekulare Vor-Ort-Analysen stehen im Fokus von Endress+Hauser BioSense, einem Joint Venture mit der Hahn-Schickard-Gesellschaft. Sie sollen die Möglichkeit schaffen, bakterielle oder virale Kontaminationen in Wasser und Getränken, genetische Veränderungen in Lebensmitteln oder Verunreinigungen von Milch sofort zu erkennen.
„Innovation braucht den offenen Austausch. Im Friz sind wir nahe an der Forschung und haben gleichzeitig verschiedene Disziplinen am Start – damit sind ideale Voraussetzungen geschaffen“, sagt Huber. Um die neuen Entwicklungen im Wettbewerb zu schützen, ist auch die Schutzrechte-Abteilung von Endress+Hauser mit einigen Mitarbeitenden vor Ort.
Blick in die Details: Zum Beispiel Netilion
Neben dem Innovations-Cluster hat das Unternehmen mit Netilion eine gruppenweite Innovationsplattform geschaffen, die vom Team Digital Solutions im Friz unterstützt wird. Kernthema ist die Digitalisierung des Produktportfolios, denn sie ist bei Kunden von Endress+Hauser einer der Haupttreiber für Effizienzsteigerungen. Teams aus verschiedenen Organisationseinheiten arbeiten zusammen, um ein cloudbasiertes IT-Ökosystem für das industrielle Internet der Dinge zu realisieren. Doch was genau steckt dahinter?
Grundlegend für Systeme wie Netilion sind Initiativen wie die Open Industry 4.0 Alliance. Sie zielen darauf ab, die Interoperabilität von Geräten verschiedener Hersteller sicherzustellen und Daten und Dienstleistungen in andere IT-Ökosysteme zu integrieren. Somit ist es möglich, über Netilion Services alle Arten von Daten aus dem Feld nachzuverfolgen und zu nutzen, unabhängig vom Gerätetyp oder Hersteller des jeweiligen Assets.
Die gesammelten Daten dienen Messtechnikexperten und Datenwissenschaftlern als Basis, um digitale Lösungen für konkrete Anwendungsfälle zu entwickeln. Übermitteln Messgeräte mit Heartbeat Technology Daten über ihren Zustand, lassen sich ungeplante Stillstände der Produktionsanlagen verhindern, da vor dem Auftreten eines Schadens in Echtzeit ersichtlich ist, wann eingegriffen werden muss. „Damit kommen wir dem Wunsch unserer Kunden nach, eine Aussage zum Gerätezustand vor allem in kritischen Anwendungen mit Korrosion oder Ablagerungen treffen zu können und vorausschauende Wartung zu ermöglichen“, sagt Huber.
Wie es weitergeht: Innovation ohne Ende
Diese kurze Reise durch die Innovationswelt von Endress+Hauser zeigt auf, wie die kluge Kombination verschiedener Arten von Innovation zu nachhaltigem Wachstum führt. Dass dabei die kontinuierliche Verbesserung des Bestehenden ergänzt wird durch die Suche nach dem Neuen, nach dem Bahnbrechenden, sorgt für die nötige Beweglichkeit und das Denken über die gängigen Grenzen hinaus. In diesem Sinne ist auch die Wissensgemeinschaft Künstliche Intelligenz des Unternehmens aufgesetzt, in der 140 Expertinnen und Experten aus verschiedenen Organisationseinheiten zusammenarbeiten. Durch diese Art der Zusammenarbeit sind genügend unterschiedliche Perspektiven an Bord, um Einsatzszenarien für KI-Anwendungen auf den Kundenbedarf abzustimmen und zu entwickeln.
Dabei richtet sich der Blick nicht nur nach außen, sondern auch nach innen, resümiert Huber: „Beim Thema Künstliche Intelligenz sprechen wir darüber, wie sich interne Prozesse optimieren lassen, denn auch wir selbst wollen effizienter werden. Hinzu kommen sämtliche Applikationen, bei denen wir für unsere Kunden Vorteile schaffen können – so zum Beispiel Lösungen, die eine Betrugserkennung für Getränke- und Lebensmittelmärkt erleichtern, was beispielsweise in Zeiten von falschen Bio-Labels immer wichtiger wird.“
Text- und Bildquelle: Endress+Hauser
Autorin: Alexandra Lachner